Berufspolitisches

Der VPB setzt sich gegen die Schliessung der Kriseninterventionsstation im Universitätsspital Basel ein

Die Kriseninterventionsstation (KIS) der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel bietet Erwachsenen in Krisen niederschwellig einen kurzen stationären Aufenthalt von maximal sieben Tagen mit Arztvisiten und Bezugspflegegesprächen. Die KIS geniesst eine hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung, den Betroffenen und bei den Zuweiser:innen. Ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg der KIS stellt der Standort am Unispital Basel (USB) dar, denn für sehr viele Patientinnen und Patienten ist es bedeutend einfacher, über somatische als über psychische Erkrankungen nachzudenken und zu sprechen – und ebenso ist es für viele leichter denkbar, in einem Spital statt in einer psychiatrischen Klinik Hilfe zu suchen.

Auf Ende 2022 muss nun die KIS die Räumlichkeiten im USB verlassen, weil der Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Michael Rolaz, CEO der UPK, holt in der Folge die KIS auf den UPK-Campus.

Der VPB hält diese Entwicklung für falsch und ist überzeugt, dass sich dadurch eine Lücke in der gestuften psychiatrischen Versorgung («stepped care») auftun wird. Die KIS auf dem Areal der psychiatrischen Klinik wird Patientinnen und Patienten mit Stigmatisierungsängsten abschrecken, so dass diese Gruppe weniger erreicht und ihr schlechter geholfen werden kann.

Der VPB wehrt sich dezidiert gegen diesen neuen Standort der KIS. Schon 2019 haben wir dem USB, der UPK und dem Regierungsrat geschrieben; im März 2022 haben wir einen Offenen Brief gegen die Schliessung der KIS im USB formuliert und konnten auch den Verband der Psycholog:innen beider Basel und die Fachgruppe Psychiatrie und Psychotherapie BS als Mitunterzeichner:innen gewinnen; seither führten wir verschiedene Gespräche mit Beteiligten und der Grossratskommission für Gesundheit und Soziales; gemeinsam mit der Fachgruppe sammelten wir Unterschriften für einen zweiten Offenen Brief, welchen wir im September 2022 veröffentlichten, und stossen weit herum in Fachkreisen auf Zustimmung. Bei einer Sitzung mit der Gesundheits- und Sozialkommission des Grossen Rates am 16. Juni fanden wir zwar offene Ohren, aber es kam kein Entscheid zugunsten der KIS in der Stadt zustande. Hingegen verlangten danach Grossrät:innen u.a. aus der GSK mit einer Motion,  dass die KIS innert 5 Jahren (oder innert 10 Jahren, wenn dafür konkrete Pläne vorliegen) wieder ins Universitätsspital oder sonst in eine Stadt-Lokalität zurückkehren muss. Die Motion wurde entgegen dem Antrag des Regierungsrates am 15. Dezember mit 57 zu 33 Stimmen überwiesen. Schon vorher hatten wir mit Regierungsrat Engelberger und der UPK vereinbart, an der Forschung mitzuwirken, die die KIS während ihrer Zeit auf dem UPK-Campus begleiten soll; wichtig ist uns, zu erfassen, welche PatientInnen den Weg in die UPK finden und welche nicht.

Erklärung des Weltrats für Psychotherapie an die russische Regierung

Der Weltrat für Psychotherapie fordert die russische Regierung auf, die Invasion in der Ukraine sofort einzustellen, den Krieg zu beenden, das Völkerrecht zu respektieren und alle russischen Truppen und Waffen in ihr Heimatland zurückzubringen.

Als Psychotherapeuten sind wir der Ansicht, dass eine militärische Invasion niemals Probleme löst und niemals ihre beabsichtigten Ziele erreicht. Stattdessen richtet sie immensen Schaden an und verursacht Zerstörung auf vielen Ebenen, die über Generationen hinweg nachwirken kann. Dazu gehören das persönliche Leid und die tiefen Traumata von Familien und Einzelpersonen auf somatischer, mentaler und emotionaler Ebene. Wir Psychotherapeuten setzen uns für friedliche Verhandlungen, Dialoge und Debatten zur Konfliktlösung ein und verurteilen Krieg und Gewalt. Wir fordern die russische Regierung auf, den Krieg zu beenden und den Frieden durch Diplomatie in einer überlegten und von gegenseitigem Respekt geprägten Weise herzustellen. Wir hoffen, dass sich die höchsten Prinzipien des menschlichen Geistes durchsetzen werden, und wir wünschen uns von ganzem Herzen, dass eine Lösung gefunden werden kann, die die Freiheit wiederherstellt.

Überbrückungsfonds Baselland für Psychotherapien während Corona

Der Regierungsrat Baselland hat Ende 2021 auf Antrag des VPB 147‘000.– Franken aus dem Swisslos-Fonds gesprochen, um Psychotherapien mitzufinanzieren und zu fördern, die im Zusammenhang mit Corona nötig wurden, aber aufgrund der finanziellen Situation der Patient:innen nicht finanziert werden konnten. Damit sollten mehr Therapieplätze für finanzschwache Patient:innen geschaffen werden, als Überbrückung bis zur Einführung des Anordnungsmodells am 1. Juli 2022.

 

Der Bedarf an subventionierten Therapieplätzen war aber geringer, als wir gedacht hatten; wir konnten 15 Psychotherapien mit insgesamt Fr. 15'837.30 unterstützen, was für die PatientInnen sehr hilfreich war. Herzlichen Dank an den Swisslosfonds und den Kanton BL!

Runder Tisch des Kantons Baselland «Psychische Gesundheit während Corona»

Nach einer Anfrage im Landrat Ende 2020 hat der Kanton einen Runden Tisch installiert, der sich mit der psychischen Belastung der Bevölkerung während Corona und der Corona-Massnahmen befasste. Vertreter:innen von gut zwanzig Institutionen der psychosozialen Versorgung trafen sich ab Februar 2021 vier Mal online und tauschten ihre Einschätzungen aus. Drei AG beschäftigen sich mit Jungen, Familien und Alten, wir arbeiteten in der AG Fachpersonen mit: Wie geht es eigentlich ihnen, die die Belastung der Bevölkerung mittragen, und was brauchen sie? Eine zahlreich beantwortete Umfrage zeigte, dass es eine beachtliche Zahl von psychosozialen Profis gab, die im Frühling 2021 am Rande ihrer Kräfte standen – zu einem guten Teil, soweit ersichtlich, weil Austausch und gemeinsame Bewältigung fehlten. Die AG entwarf daraufhin in Absprache mit dem Kanton ein Konzept für den Fall, dass es wieder zu Einschränkungen kommt, und bot im Frühling 2022 vier Gesprächsgruppen an. Keine von ihnen kam zustande, vermutlich weil sie schlicht nicht mehr nötig waren. Das Konzept ist aber so detailliert, dass wir bei Bedarf innert weniger Wochen wieder mit einem Gruppenangebot startbereit wären.

Das Anordnungsmodell ist da

 

Am 19. März 2021 hat der Bundesrat beschlossen, das Anordnungsmodell einzuführen. Psychologische Psychotherapeut:innen mit kantonaler Praxisbewilligung können seit dem 1. Juli 2022 direkt mit der Grundversicherung der Krankenkassen abrechnen, wenn die Anordnung eines Hausarztes, einer Kinderärztin, eines Psychiaters oder einer Psychosomatikerin für eine Psychotherapie vorliegt. Diese Anordnungen gelten zuerst für 15, dann für weitere 15 Stunden; danach braucht es einen ausführlichen Bericht an die Vertrauensärztin der Kasse. Kriseninterventionen (10 Stunden) können von sämtlichen Ärzt:innen angeordnet werden.

Damit entfällt auf Ende 2022 das Delegationsmodell, das seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes 1996 in Kraft war – und seit dann umstritten. Es zwang uns gut ausgebildete psychologische Psychotherapeut:innen, uns von einer Ärztin / einem Arzt anstellen zu lassen und unter deren Aufsicht zu arbeiten, wenn unsere Patient:innen auf die Leistungen der Grundversicherung angewiesen waren. Mit der jetzigen, mühsam erkämpften Änderung soll sich der Zugang zur Psychotherapie für viele Leute verbessern. Das Anordnungsverfahren ist allerdings kompliziert, der Tarif zu tief und erst provisorisch – es dürfte in nächster Zeit zu weiteren Änderungen kommen.

Anstellungsbedingungen delegiert arbeitender Psychotherapeut:innen

Wir haben mittels einer anonymisierten Onlineumfrage Daten zu Lohn und Anstellungsbedingungen delegiert arbeitender Psychotherapeut:innen erhoben sowie zu deren Zufriedenheit mit ihren Arbeitsbedingungen. 116 (54.7 Prozent) der 212 angeschriebenen in Basel-Stadt oder Baselland delegiert tätigen Psychotherapeut:innen nahmen an der Umfrage teil. Die deskriptive Auswertung der verschiedenen Anstellungsbedingungen wird in dieser Arbeit erläutert. Ebenso wird der durchschnittliche Lohn der Befragten berichtet und zwecks Vergleichbarkeit in standardisierter Form veranschaulicht.

Den Delegierten im Stunden- oder Monatslohn (57.1 Prozent der Befragten) werden durchschnittlich 11.3 Prozent (Spannweite 0.3 bis 29.5 Prozent) ihres Bruttostundenansatzes von Fr. 136.05 für weitere, in der Umfrage nicht berücksichtigte Ausgaben – evtl. auch für eine Gewinnbeteiligung der delegierenden Person – abgezogen. Von den Delegierten, die weitgehend autonom ihre Finanzen regeln (42.9 Prozent der Befragten), geben 60.4 Prozent an, weder eine Delegations- noch eine Aufwandspauschale der delegierenden Person entrichten zu müssen. Die restlichen 39.6 Prozent dieser «autonomen Delegierten» geben eine Delegations- und/oder Aufwandspauschale von durchschnittlich 13.1 Prozent (Spannweite 1.5 bis 50.0 Prozent) ihres Umsatzes ab.

Die Zufriedenheit der delegiert arbeitenden Psychotherapeut:innen mit ihren Anstellungsbedingungen zeigt sich heterogen: Während die «autonomen Delegierten» im grossen Ganzen mit ihrem Lohn (im Rahmen der Möglichkeiten des Delegationsmodells), mit der Transparenz der Geschäftszahlen, mit der Arbeitsbeziehung zur und Zusammenarbeit mit der delegierenden Person zufrieden sind, fällt die Zufriedenheit der im Stunden- oder Monatslohn tätigen Delegierten bedeutend niedriger aus. Daraus ergibt sich ein deutlich stärkerer Wunsch der Zweitgenannten, die Anstellungsbedingungen zu verbessern, wobei aber beide Gruppen, die «autonomen Delegierten» wie auch die Delegierten im Stunden-/ Monatslohn, solidarisch eine gewerkschaftliche Organisierung mehrheitlich unterstützen würden.

Wir formulieren Empfehlungen zur guten Delegation, welche eine faire und beidseitig bereichernde Zusammenarbeit zwischen delegierenden Ärzt:innen und delegiert arbeitenden Psychotherapeut:innen fördern sollen. Kontakt

 

Die ganze Arbeit können Sie hier herunterladen. Und hier die aus der Studie folgenden Empfehlungen, die wir mit unseren Kolleg:innen der psychiatrischen Fachgruppen besprochen haben.

Sexuelle Übergriffe in Psychotherapien

Sexualität ist ein zentraler Teil des Lebens und oft ein wichtiges Thema in einer Psychotherapie, aber genau deswegen haben sexuelle Handlungen in einer Therapie keinen Platz. Es liegt zu 100 % in der Verantwortung der Therapeut:innen, dafür zu sorgen, dass alles zur Sprache kommen kann, was die Patient:innen beschäftigt, aber nur das: Es soll Thema sein, gedacht, besprochen, verstanden und weiterentwickelt werden oder auch als unverständlich, «fremd in mir drin» denkbar werden. Der Raum der Psychotherapie braucht Schutz vor Handlungen, und die ethischen Richtlinien der Berufsverbände lassen hier keinen Spielraum.

Juristisch gibt es trotzdem Lücken, vor allem, was die vom Strafgesetz erfassbaren Aspekte und die Möglichkeit zur Meldung an die Bewilligungsbehörde betrifft. Immerhin hat das Bundesgericht 1998 und 2004 (BGE 6S.381/2004) Grundsatzentscheide dazu gefällt, die die in einer Psychotherapie entstehende Vertrauensbeziehung sichern. Mitglieder des VPB und der Fachgruppen Psychiatrie Baselland und Basel-Stadt versuchten seit Herbst 2003 auf unsere Initiative hin, im Gespräch mit Richter:innen, Kantonsärzten, Ermittlungsbehörden und Institutionen zu klären, wo die psychotherapeutische und die juristische Verwendung von Wörtern wie Beziehung, Abhängigkeit, Ausnützung sich unterscheiden und wie das geschützt werden kann, was in einer Psychotherapie geschieht. Mit den Kantonsärzten haben wir ein Verfahren erarbeitet, wie vermutete Täter auch dann zur Rede gestellt werden können, wenn die Patient:innen den juristischen Weg scheuen. In zwei Veranstaltungen für die Mitglieder aller Verbände haben wir uns damit befasst, wie wir «unter Kollegen» mit Grenzverletzungen umgehen und wie wir auf Gerüchte reagieren.

Im September 2014 hat die Arbeitsgruppe ihr Mandat an die Vorstände zurückgegeben. Am 26. März 2015 hat die Generalversammlung des VPB beschlossen, in Zusammenarbeit mit Mitgliedern anderer Verbände eine neue Arbeitsgruppe zu gründen, die dafür sorgt, dass das Thema präsent bleibt, und mit Betroffenen nach gangbaren Wegen sucht. Am 2. Februar 2023 veranstalteten wir zusammen mit den beiden ärztlichen Fachgruppen Psychiatrie und Psychotherapie BS und BL im QuBa (Quartierzentrum Bachletten) einen Workshop mit dem Titel «Sexuelle Übergriffe in Psychotherapien – bei mir nicht!?». Joseph Sachs berichtete über epidemiologische, juristische und psychiatrische Aspekte, Marianne Winterhalter über psycho- und beziehungsdynamische. Gruppengespräch und Apéro rundeten einen gut besuchten, aufschlussreichen Abend ab.

Fokus Psychische Gesundheit Basel-Stadt

Der VPB arbeitet in der Fachbegleitgruppe des Aktionsprogramms Psychische Gesundheit Basel-Stadt mit. Es orientiert sich am Bündnis Depression, wie es schon in mehreren Städten läuft. Sein Ziel ist es, psychische Krankheiten zu enttabuisieren und sowohl Betroffenen als auch ihren Angehörigen leichteren Zugang zu Unterstützung zu verschaffen. Neben Plakataktionen gibt's verschiedene Veranstaltungen: Vorträge, Filme, Diskussionen, Konzerte, Lesungen. Näheres siehe www.allesgutebasel.ch

Bündnis gegen Depression Baselland

Ebenfalls Partner-Organisation sind wir beim Bündnis gegen Depression Baselland. www.buendnis-gegen-depression-bl.ch

Prävention psychosozialer Belastungsfolgen in der Somatik: Ein Modellprojekt zur kollaborativen Versorgung

Das Forschungsprojekt SomPsyNet wird vom Gesundheitsdepartement Basel-Stadt durchgeführt und von der Gesundheitsförderung Schweiz finanziert. Der VPB gehört zur Fokusgruppe «Schnittstellen», zusammen mit den UPK, Hausärzt:innen, Psychiater:innen, Apotheker:innen. In mehreren Treffen erörterte die Gruppe, wie Patient:innen aus den somatischen Abteilungen in nachgeordnete Behandlungen geleitet werden können (Sozialberatung, IV, Ernährungsberatung, Psychotherapie) und welche Brüche dabei drohen. Im Verlauf des Projektes hat sich einerseits gezeigt, dass sehr viel mehr somatische Patient:innen als ursprünglich angenommen psychosozial belastet sind, anderseits aber auch, wie gross die organisatorischen, finanziellen, konzeptuellen und wohl auch persönlichen Widerstände dagegen sind, die psychische Realität dieser Patient:innen wirklich ernstzunehmen. Das Projekt geht 2023 in eine Art Normalbetrieb über; es ist nicht klar, wie viele der angestrebten Ziele zu erreichen sind. Kontakt und Website SomPsyNet

Psychiatrie-Konzept Basel-Stadt/Baselland

Am 24. Juni 2019 stellten die Projektleiter der Gesundheitsdepartemente BS und BL ihren Plan vor, wie bis 2023 ein neues, für beide Halbkantone gültiges Psychiatriekonzept entstehen soll. Nötig wurde es, weil die Stimmbürger:innen im Februar 2019 zwar die Fusion der Spitäler abgelehnt, aber einer gemeinsamen Spitalplanung zugestimmt hatten. Wir haben in der Konzeptgruppe Erwachsenenpsychiatrie mitgearbeitet, und es ist uns gelungen, einige für die ambulante Psychotherapie und die Versorgungskette fundamentale Gedanken einzubringen. Am 12. Dezember haben Basel-Stadt und Baselland das Konzept veröffentlicht. Kontakt