Verfahrensreglement der Standeskommission

1. Zusammensetzung der Standeskommission

  1. Die Standeskommission setzt sich aus mindestens drei Verbandsmitgliedern zusammen. Es sollen beide Geschlechter und verschiedene Therapierichtungen vertreten sein. 
  2. Ist ein Mitglied der Standeskommission in einer Angelegenheit befangen, so tritt es in den Ausstand. Ein Ausstandsgrund liegt insbesondere vor, wenn ein Kommissionsmitglied mit dem betroffenen Mitglied in einem beruflichen, privaten oder therapeutischen Verhältnis (Lehranalyse bzw. -therapie, Supervision etc.) gestanden hat oder steht. 
  3. Die Standeskommission soll ein Verfahren bei allfälligen Neuwahlen in der Zusammensetzung abschliessen, in welcher sie damit betraut wurde.

 

2. Verhältnis zum Verband

 

Die Standeskommission erstattet dem Verband jährlich an der Generalversammlung Bericht. Sie gibt darin Auskunft über die Zahl der Anfragen und deren Erledigung, untersteht aber auch gegenüber dem Verband der Schweigepflicht, was Namen und Inhalte angeht.

 

 

3. Zuständigkeit der Standeskommission

  1. Die Standeskommission ist zuständig für Anfragen, welche in irgendeinem Bezug stehen zu den Standesregeln des Verbandes. Zu ihren Aufgaben gehören Aufklärung, Beratung, Ombudsverfahren mit dem Ziel einer Einigung bzw. Versöhnung sowie Standesverfahren, die verbandsinterne Sanktionen zur Folge haben können. 
  2. Wenn ein Ombudsverfahren scheitert oder ein verbandsinternes Standesverfahren nach Ansicht der anzeigenden Person oder der Standeskommission nicht ausreicht, berät die Standes-kommission die Anzeigerin bei der Weiterleitung.

 

4. Grundsätzliches

  1. Mitglieder, gegen die eine Anzeige erhoben wurde, gelten bis zu einem anderslautenden Entscheid als unschuldig. 
  2. Ombuds- und Standesverfahren sind nicht öffentlich. Alle am Verfahren Beteiligten, d.h. das betroffene Mitglied und die Mitglieder der Standeskommission, verpflichten sich, über sämtliche Wahrnehmungen im Zusammenhang mit der Anfrage oder dem Verfahren Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch gegenüber Inter- und Supervisionsgruppen und besteht nach der Beendigung eines Verfahrens weiter. 
  3. Es ist nicht zulässig, sich im Verfahren vertreten zu lassen.
  4. Anfragen und Verfahren sind für die Anfragenden und Anzeigenden kostenlos; die Mitglieder der Standeskommission werden nach dem Spesenreglement des VPB entschädigt. Wird ein Mitglied sanktioniert, werden ihm die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt.

 

5. Ombuds- oder Standesverfahren

  1. Ein Ombudsverfahren hat die Einigung bzw. Versöhnung zwischen Anzeigerin und betroffenem Mitglied zum Ziel. Das Verfahren folgt keinem vorgegebenen Ablauf, und es können keine Sanktionen verhängt werden. Es gibt keine Einschränkung durch Verjährung.
  2. In einem Standesverfahren werden die angezeigten Tatbestände daraufhin geprüft, ob sie eine Verletzung der Standesregeln darstellen. Wenn ja, kann das Mitglied sanktioniert werden. Es besteht eine Verjährungsfrist von zehn Jahren.

 

6. Verfahrenseinleitung

  1. Die Standeskommission kann Anfragen direkt mit der anfragenden Person klären, ohne das betroffene Mitglied zu informieren. Wenn die anfragende Person dies explizit verlangt oder wenn die Anfrage eine Verletzung der Standesregeln betrifft, muss das Mitglied zugezogen werden. Wünscht die anfragende Person, das Mitglied einzubeziehen, werden beide darüber informiert, dass zuerst geklärt werden muss, ob es sich um ein Ombuds- oder um ein Standesverfahren handelt.
  2. Ein Ombudsverfahren (mit dem Ziel der Einigung, Versöhnung, therapeutischen Nachbearbeitung etc., ohne Sanktionsmöglichkeit) wird ohne formelle Vorgaben im Gespräch zwischen Standes-kommission, anfragender Person und Mitglied entwickelt. Voraussetzung ist, dass die anfragende Person einverstanden ist und dass keine gravierende Verletzung der Standesregeln in Frage steht.
  3. Ein Standesverfahren wird nach einer Anzeige eröffnet. Diese erfolgt normalerweise schriftlich; ist dies einem Anzeiger nicht möglich, wird ein Protokoll des Anzeigegesprächs von der Standeskommission erstellt und vom Anzeiger unterzeichnet. In der Anzeigeschrift müssen der Anzeiger, das betroffene Verbandsmitglied, der Grund der Anzeige und der Zeitraum des Vorfalls aufgeführt sein. Die Beschwerden werden in dieser Anzeigeschrift abschliessend genannt. Der Anzeiger muss ausserdem das betroffene Mitglied von der Schweigepflicht entbinden und die Standeskommission darüber informieren, ob in derselben Angelegenheit ein anderes Verfahren hängig ist. Die Standeskommission prüft vorerst, ob die formellen (z.B. VPB-Mitgliedschaft zur Zeit des Vorfalls) und inhaltlichen Voraussetzungen für ein Verfahren gegeben sind und ob sie das Verfahren selber führen kann. Sie kann offensichtlich unbegründete Beschwerden abweisen. Anzeigen, deren Schwere oder Komplexität die Beurteilungskompetenz der Standeskommission übersteigen, sind, begleitet von einer Empfehlung (z.B. weiterleiten an ein Gericht oder einen Dachverband), an den Anzeiger zu retournieren.
  4. Die Standeskommission kann auch von sich aus oder auf Antrag des Vorstandes tätig werden, wenn der begründete Verdacht besteht, ein Mitglied handle den Standesregeln zuwider.

 

7. Führung eines Standesverfahrens

  1. Wenn die Standeskommission beschliesst, ein Verfahren zu eröffnen, bestimmt sie eine Referentin als Ansprechperson gegenüber Anzeiger und Mitglied.
  2. Das Verfahren wird mit der schriftlichen Information an Anzeigerin und betroffenes Mitglied eröffnet. Sie enthält die Entscheidung der Standeskommission, ein Standesverfahren zu führen, den Namen und die Adresse des Referenten, Ort und Zeitpunkt eines ersten Gespräches sowie ein Exemplar dieses Verfahrensreglements. Das Gespräch kann zuerst allein mit dem betroffenen Mitglied oder von Anfang an mit beiden Seiten geführt werden. Das betroffene Mitglied erhält gleichzeitig eine Kopie der Anzeigeschrift und der Schweigepflichtsentbindung.
  3. Von den Befragungsgesprächen wird jeweils ein zusammenfassendes Protokoll erstellt, das die am Gespräch Beteiligten gemeinsam unterzeichnen.
  4. Das Standesverfahren wird mit einem formellen, schriftlichen Beschluss zuhanden des Anzeigers und des Mitglieds beendet. Der Beschluss enthält entweder die Feststellung, dass das Mitglied keine Standesregeln verletzt hat und entlastet wird, oder die Feststellung, welche Standesregel(n) das Mitglied verletzt hat und welche Sanktion ihm dafür auferlegt wird, und zudem eine Rechtsmittelbelehrung (bez. Rekurs). Mögliche Sanktionen sind
    1. Ermahnung
    2. Verweis
    3. Bedingung(en) für die weitere Mitgliedschaft (z.B. Supervision, unter Angabe einer Dauer und des Zeitpunktes der Wiedereinsetzung in die vollen Mitgliedschaftsrechte)
    4. Ausschluss aus dem Verband und Löschung aus dem regionalen Therapeutinnenver-zeichnis.
    5. Ausserdem werden einem sanktionierten Mitglied die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt. Die Standeskommission ist verantwortlich für die Ausführung und Kontrolle der Sanktionen 1 bis 3; nur wenn der Ausschluss des Mitglieds beschlossen wird, informiert sie den Vorstand darüber (ohne auf den Inhalt des Verfahrens einzugehen).
  5. Rekursinstanz für Beschlüsse der Standeskommission ist der Vorstand. Er hört den Rekurrenten und die Standeskommission an, versucht eine Mediation und kann das Verfahren zur Neubeurteilung an die Standeskommission zurückgeben.

 

8. Akten und Archivierung

  1. Nach Abschluss des Verfahrens werden die Akten versiegelt und zehn Jahre bei einem Mitglied der Standeskommission aufbewahrt. Nach dieser Frist werden sie ungeöffnet durch die Standeskommission vernichtet.
  2. Wird ein Ombuds- oder Standesverfahren weitergezogen, können die Akten der zuständigen Instanz übergeben werden.

 

Von der Generalversammlung des VPB am 16. März 2005 in Kraft gesetzt und am 28. Oktober 2021 revidiert.