Meine Partnerin ist unerwartet schwanger geworden, und der Kleine ist jetzt bald 4 Monate alt. Meine Freundin hat Elternzeit, aber sie will, dass ich mich mehr mit ihm beschäftige. Ich mag unser Baby, aber ich finde, mit so einem kleinen Kind kann man noch nichts anfangen. Sie stillt ihn, und wickeln mag ich ihn nicht. Ich kann doch nicht wie eine alte Tante am Wägelchen stehen und „Tütütü, so-n-e härzigs Buschi“ säuseln. Da fühle ich mich ehrlich gesagt wie der letzte Idiot.
Die Vaterrolle ist eine Seite der Männlichkeit, in die hineinzufinden nicht immer leicht ist. Ohne die körperliche und seelische Vorbereitungszeit, die Frauen ja zwangsläufig während der Schwangerschaft haben, kann das Wissen, bald Vater zu werden, abstrakt bleiben, bis das Baby da ist. Und auch dann stellen sich Fragen – so wie Ihre zum Beispiel.
Aber zunächst einmal herzlichen Glückwunsch! Sie waren auf eine Schwangerschaft nicht eingestellt, haben das Kind aber nun offenbar doch willkommen heissen können auf dieser Welt. Könnte es sein, dass Sie Ihr Baby seelisch noch nicht ganz „adoptiert“ haben, also doch noch etwas fremdeln in der neuen Situation? Bei Schwangerschaft, Geburt und Stillen erleben sich Väter leicht einmal aussen vor und auch hilflos. Vielleicht fühlen Sie sich nun unter Druck gesetzt in Ihren Empfindungen oder meinen sogar, den Vorsprung aufholen zu müssen, den die Babymutter hat. Aber man könnte es auch so sehen, dass Ihre Partnerin Sie ermuntert, sich stärker ins Spiel zu bringen, damit Sie eine eigenständige Beziehung zu Ihrem Kind aufbauen können.
Wenn wir unbefangen oder unbeobachtet sind, reden wir alle, Erwachsene und Kinder, mit Buschis ein wenig merkwürdig und übertrieben. Und genau das braucht das Baby. Am besonderen, vielleicht übertrieben wirkenden Tonfall merkt es: Jetzt kommt eine Botschaft über seine Verfassung und nicht darüber, wie es uns Erwachsenen geht. Wir mischen oft noch einen anderen Affekt dazu, sei es ein wenig mehr Zuversicht, als das ein unzufriedenes oder unglückliches Baby gerade hat, dann wird es ruhiger, oder eben ein wenig zusätzliche, schon fast theatralische Begeisterung, wenn es ihm wohl ist. Damit spiegeln wir ihm seine eigene Verfassung und zeigen, dass wir verstanden haben, wie es ihm geht. Das ermöglicht dem Kind, allmählich seine Gefühle zu erfassen und seine anfänglich ungesteuerte Emotionalität selbst mehr und mehr zu modulieren. Neben dem Körperkontakt geben unsere Mimik und unsere sprachliche Reaktion auf sein Befinden dem Baby auch die Sicherheit, gehalten und nicht alleingelassen zu sein – vor allem, wenn unsere Reaktion wiedererkennbar erfolgt und das Kind sich darauf verlassen kann.
Ihr Söhnchen kennt übrigens schon aus seiner geborgenen Zeit im Uterus Ihre Stimme und Ihren Sprechrhythmus. Vielleicht probieren Sie es einmal aus, wenn Sie allein sind und sich unbeobachtet fühlen, und antworten auf die Laute oder die Mimik Ihres Kleinen. Sie werden feststellen, wie hoch aufmerksam er da wird und wie ihm das gefällt. Und wenn Sie sich dazu gar nicht überwinden können: Auch Berührungen und Halten tun ihm gut und fördern die vertrauensvolle Beziehung mit ihm, bis er kräftig genug ist für temperamentvollere Vater-Sohn-Spiele. Wie wäre es denn für den Anfang, wenn Sie das Baby baden? Vielleicht zunächst in Anwesenheit Ihrer Partnerin? Sie werden sehen, das kann allen Beteiligten Spass machen und ist auch für junge Väter eine bewegende Erfahrung!
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