Diese KESB ist so bedrohlich!

Susann Ziegler, lic. phil.

eidg. anerkannte Psychotherapeutin

susann.ziegler@bluewin.ch

Mir ist ganz sturm. Ich (w, 33) habe viele belastende Situationen mit meinen beiden Kindern (8 und 10): Ich raste oft aus, bin wütend, die Kinder gehorchen mir überhaupt nicht, streiten dauernd, halten sich an keine Abmachungen und Zeiten und sind zudem in der Schule auffällig. So muss ich dort alle paar Wochen antraben. Natürlich brauche ich Hilfe, aber ich habe echt Schiss, dass mich jede Beratungsstelle bei der KESB verpfeift, und dann bin ich sicher meine Kinder los. Das möchte ich auf keinen Fall. Ich bin unendlich unter Druck, schäme mich und halte es nicht mehr lange aus.

 

Ja, das tönt wirklich nach äusserster Belastung. Und dann kommt noch die Angst dazu, die KESB nehme Ihnen die Kinder weg. Seit es diese Behörde gibt, wird viel gelästert. Sicher: Es lief nicht alles rund. Dennoch kann ich Sie beruhigen: Die KESB hat das Wohl von Kindern und Eltern im Auge und nicht das geringste Interesse, Müttern ihre Kinder wegzunehmen.

Beratungsstellen wenden sich nicht als Erstes an die KESB. Ziel einer Beratung ist es, Sie  zu entlasten und in Ihrer Mutterfunktion zu stärken. Die Einsicht, dass Hilfe von aussen dringend nötig ist, haben Sie bereits entwickelt. Jetzt steht Ihnen die Angst im Weg, die Kinder zu verlieren. Weiteres Ausweichen vor Beratung raubt Ihnen aber nur noch den Rest der Energie, von der Sie ohnehin nicht mehr viel haben.

Eine Beratungsstelle wird sich mit Ihnen zusammen um die Ursachen der Probleme kümmern, und Sie werden gemeinsam Massnahmen besprechen, mit denen Sie Ihre Erziehungsaufgabe wieder wahrnehmen können und sich das Gefühl, überfordert zu sein, etwas legen kann. Die Hilfe kann sehr unterschiedlich aussehen: Gespräche, Beratungen, Familienhelferin engagieren (die ganz konkret bei Ihnen zuhause Unterstützung im Alltag gibt und Sie bei der Erziehung anleitet), Ferienlager, Mittagstisch, Wocheninternat, Schulheim, etc. Dass jemandem ein Kind weggenommen wird, geschieht sehr selten und höchstens dann, wenn sonst das Kindeswohl akut gefährdet wäre. Die KESB muss immer die am wenigsten invasive Massnahme wählen. Da Sie aber selbst etwas ändern wollen, stellen Sie damit Ihrem Verantwortungsgefühl ein gutes Zeugnis aus.

Sie sind (wie viele Mütter, leider) sehr allein mit den Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder. Das kommt auch darum oft vor, weil die wenigsten alleinstehenden Mütter ihre Probleme jemandem mitteilen; die meisten halten sie aus Scham eher zurück. Vielleicht kann Ihnen eine Beratungsstelle auch Kontakt mit anderen Müttern vermitteln.

In manchen Fällen hat das Gefühl der Überforderung auch tiefer liegende, persönliche Gründe. Zum Beispiel dann, wenn eine Eigenschaft des Kindes einen an jemanden oder etwas erinnert, was einem zutiefst zuwider ist. Oder wenn das Kind mit seinem Verhalten Gefühle oder Gedanken wachruft, die einen an die eigene, vielleicht als schlimm empfundene Jugend erinnern. Oder wenn man beim eigenen Erziehungsverhalten eine Ähnlichkeit mit unangenehmen Seiten seiner Eltern feststellt. Solche Assoziationen können einen sehr belasten und bedürfen der Besprechung mit einer Fachperson.

Viele Mütter wissen aus Erfahrung, dass genau dann, wenn man vor Wut fast platzt, keine Anlaufstelle erreichbar ist. Darum hilft es, in einem ruhigeren Moment mit jemand Aussenstehendem über das Allerschwierigste zu sprechen und sich einige Regeln zu erarbeiten, die in den bedrohlichsten Momenten nützlich sein können. Schön, dass sie sich der Herausforderung stellen wollen!

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