Sexuelle Übergriffe in Psychotherapien

Die Zuwendung und das ruhige, geduldige gemeinsame Arbeiten an Gedanken, Gefühlen, Erfahrungen, Impulsen und Bedürfnissen in einer Psychotherapie können Unterschiedliches auslösen. Viele Patientinnen und Patienten finden darin Anstösse, um besser mit Schwierigkeiten und Leiden umzugehen und sich als Person zu entfalten.

Es kann aber auch anders kommen (siehe: Wird man in einer Psychotherapie abhängig?). Manche ertragen diese Art Nähe nicht und brechen die Therapie ab. Andere können eine Flut von Sehnsüchten erleben, etwa sexuelle Wünsche an den Therapeuten, und sie versuchen, ihn zu einer privaten Beziehung zu bewegen. Wenn dieses Erleben in der Therapie besprochen wird, kann es reflektiert und für die Entwicklung genutzt werden. Der Therapeut trägt dabei die volle Verantwortung für den psychotherapeutischen Rahmen und dafür, dass die Patientinnen in der Therapiestunde Sicherheit erleben. Sexuelle Handlungen haben in einer Psychotherapie keinen Platz, nie! Sie zerstören den vertrauensvollen Freiraum, den der Therapieprozess braucht. Dies hat auch das Bundesgericht anerkannt.

Aber es kommt vor, dass ein Psychotherapeut mit dieser Situation unprofessionell umgeht und den Wünschen entgegenkommt. Unprofessionell handelt ein Therapeut auch dann, wenn er von sich aus Nähe, Bewunderung oder Erregung sucht oder die vertrauensvolle Zuwendung, die er dank dem Therapievertrag bekommt, mit Liebe verwechselt.

Was tun? Wichtig ist, dass die Patientin die Therapie abbricht und Hilfe sucht. Das kann ihr schwer fallen, vor allem dann, wenn sie sich in den Therapeuten verliebt hat, ihn als wichtige Person für sich ansieht oder ihn einfach schonen will. Doch dieser Schritt ist unabdingbar, weil die Therapie gar keine mehr ist. In diesem Zusammenhang ist es nützlich zu wissen, dass die Opferhilfe die Kosten einer Folgetherapie übernimmt (dies auch dann, wenn der in einer früheren Therapie erfolgte sexuelle Übergriff nicht schon zu Beginn, sondern erst im Laufe der jetzigen Therapie zur Sprache kommt).

 

Wenn die Patientin darüber hinaus (für sich oder für andere potentielle Opfer) auf die Grenzüberschreitung reagieren will, gibt es drei verschiedene Wege:

  1. Die Patientin erstattet bei der Polizei oder beim Kantonsarzt Anzeige gegen den Therapeuten. Diese Behörde muss dann zwingend ein Verfahren in Gang setzen. Dies kann aber belastend oder demütigend sein. Die Opferhilfe bietet hier eine wichtige Stütze: Sie bereitet die Patientin auf das Verfahren vor, begleitet sie auf Wunsch beim Erstatten der Strafanzeige und zu den Anhörungen.
  2. Die Patientin klagt bei der Berufsorganisation des Therapeuten gegen ihn (Adressen siehe: Kann man eine Therapie abbrechen?). Bei Problemen mit Ärzten hilft die Patienten-Anlauf- und Beratungsstelle beider Basel der MedGes Basel und der Ärztegesellschaft Baselland,  Tel. 061 560 15 50 (24 Stunden erreichbar).
  3. Die Kantonsärzte von Basel-Stadt und Baselland haben uns zugesagt, im Einzelfall mit der Standeskommission des Berufsverbandes zusammen zu prüfen, was unternommen werden kann, falls die Patientin keine Anzeige/Meldung erstatten möchte. Wichtig ist in diesem Fall, dass die Kantonsärzte die Personalien des Therapeuten und der Patientin nicht erfahren – wenn es um ein Offizialdelikt geht, sind sie sonst gezwungen, auch gegen den Willen der Patientin Strafanzeige zu erstatten.

Und wenn keiner dieser Wege infrage kommt? Dann können Sie mit uns Kontakt aufnehmen. Wir versuchen, mit Ihnen die Situation zu verstehen, und überlegen, welche Schritte sinnvoll und möglich sind. Schicken Sie uns ein Mail oder schreiben Sie uns auf dem untenstehenden Kontaktformular. Hier können Sie auch vorerst anonym bleiben, wenn Sie das möchten.

  

(Zur Sprachregelung: Der weitaus grösste Teil der Täter ist männlich, der überwiegende Teil der Betroffenen weiblich; wir verwenden deshalb hier jeweils nur eine Form.)

 

Hier schreiben Sie an unsere AG sexuelle Übergriffe in Psychotherapien:

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